US-Subversion in Kuba: Havanna wehrt sich

Washington setzt neues Millionenprogramm zur Förderung kubanischer Systemgegner auf. »San-Isidro-Bewegung« bricht Dialog ab Von Volker Hermsdorf

Das US-Außenministerium hat zeitlich parallel zu Aktionen einer sich als »San-Isidro-Bewegung« bezeichnenden oppositionellen Gruppierung bis zu einer Million US-Dollar für »unabhängige zivilgesellschaftliche Gruppen, Journalisten, Künstler und private Unternehmer in Kuba« zur Verfügung gestellt. Mit diesem Geld wolle Washington Aktivitäten unterstützen, »die bürgerliche, zivile, politische, religiöse und Arbeitsrechte in Kuba fördern«, heißt es in der Ausschreibung, die der US-Journalist Tracey Eaton am Freitag in seinem Blog »Cuba Money Project« veröffentlicht hat. Geförderte Projekte sollten »einen Ansatz bieten, der diese Ziele mit sozioökonomischen und politischen Fragen verknüpft, die für kubanische Bürger wichtig sind« und »das Potential haben, kurzfristig Auswirkungen zu erzeugen, die zu langfristigen nachhaltigen Veränderungen führen«, fordert die US-Behörde. Bewerber können Anträge zur Finanzierung bis zum 21. Dezember beim »Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit« (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, DRL) des State Department einreichen.

Washington begründet das neue Millionenprogramm zur Förderung von Systemgegnern mit der Unterstellung, die kubanischen Behörden hätten »die Coronapandemie ausgenutzt, um Repressionen und Schikanen gegen unabhängige Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft zu verstärken«. Details und konkrete Bedingungen für die Finanzierung von »Projekten« veröffentlichte das US-Außenministerium am 24. November. Am selben Tag war der in Mexiko lebende Blogger Carlos Manuel Álvarez über die USA nach Havanna geflogen, um die »San-Isidro-Aktivisten« zu unterstützen. Mit einem demonstrativen Verstoß gegen die in Kuba geltenden Quarantänevorschriften zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie hatte Álvarez zwei Tage später die Räumung des Sitzes der Gruppe provoziert, die er durch die Missachtung der Quarantäne zu infizieren drohte. »Der Zeitpunkt der Ankündigung des US-Außenministeriums mag zufällig sein, aber ich frage mich, ob dessen Beamte nach Möglichkeiten suchen, aus dem Aufsehen über die San-Isidro-Bewegung Kapital zu schlagen«, schrieb Eaton. Das State Department habe schließlich erklärt, dass Vorschläge, »die kreative Ansätze zur Fortführung laufender Herausforderungen fördern«, gute Chancen hätten, finanziell unterstützt zu werden.

Letzten Endes wurde den »San-Isidro-Aktivisten« damit jedoch ein Bärendienst erwiesen. Am 27. November hatte sich der von Washington als »unabhängiger Journalist« bezeichnete Álvarez, dessen Blog »El Estornudo« nach eigenen Angaben von der staatlich geförderten US-Stiftung »National Endowment for Democracy« (NED) und der »Open Society Foundation« (OSF) des US-Milliardärs George Soros finanziert wird, an einer Versammlung von rund 200 Künstlern vor dem Kulturministerium in Havanna beteiligt. Im Gespräch mit einer Delegation der Versammelten erklärte der stellvertretende Kulturminister Fernando Rojas das Interesse seiner Behörde am Dialog und die Bereitschaft zu weiteren Treffen. Das wurde von den Systemgegnern offenbar nicht gewünscht. Am 3. Dezember stellten sie dem Kulturministerium per E-Mail Bedingungen, die »nicht verhandelbar« seien und erklärten, »wer mit wem und zu welchem Zweck« an Gesprächen teilnehmen dürfe. Die beigefügte Liste enthielt unter anderem die Namen bekennender Konterrevolutionäre und aus dem Ausland finanzierter Contramedien wie Cibercuba, 14ymedio, Periodismo del Barrio oder El Toque.

Das Kulturministerium bedauerte daraufhin, dass »diejenigen, die um Gespräche gebeten hatten, durch derartige Bedingungen den Dialog abbrechen«. Vertreter des Ministeriums seien nicht bereit, sich mit Personen und Medien zu treffen, »die von der Regierung der Vereinigten Staaten finanzielle Mittel, logistische und propagandistische Unterstützung erhalten«. Statt dessen trafen Kulturminister Alpidio Alonso und Vertreter von Künstlerverbänden am Sonnabend zu einem ersten Dialog mit jungen Kulturschaffenden zusammen, die – so das Ministerium – »nicht mit den Feinden der Revolution paktieren«.

Quelle: Tageszeitung junge Welt vom 7. Dezember 2020

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