Geschrieben von Volker Hermsdorf
Am Mittwoch und Donnerstag behandelt die UN-Vollversammlung in New York den Antrag Kubas, die von den USA seit fast 60 Jahren verhängte Blockade zu verurteilen. Was erwarten Sie von der diesjährigen Abstimmung?
Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die 193 Mitgliedsländer der UN wie jedes Jahr seit 1992 auch in diesem Jahr die US-Blockade nahezu geschlossen verurteilen und ihre Beendigung fordern werden. Ebenso sicher ist aber auch, dass sich die Regierung in Washington weiterhin über das Votum hinwegsetzen wird.
Rechnen Sie mit Überraschungen?
Es könnte sein, dass US-Präsident Donald Trump den Staatschef Brasiliens oder andere durch politischen Druck zu einer Änderung des bisherigen Abstimmungsverhaltens bringt. An der Eindeutigkeit des Votums würde das aber nichts ändern.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel spricht in bezug auf die verschärften US-Sanktionen von einem Wirtschaftskrieg gegen sein Land. Woran lässt sich festmachen?
Die US-Regierung hat im April 1960 als Ziel der Blockade »das Provozieren von Enttäuschung und Entmutigung durch wirtschaftliche Not« vorgegeben. Im Oktober 2019 erklärte der von Trump eingesetzte Sonderbeauftragte für Venezuela, Elliott Abrams, dass die jüngsten Sanktionen darauf abzielten, »Kubas Wirtschaft zu erdrosseln«.
Díaz-Canel spricht zudem von einer völkermörderischen Politik.
Das kann man so benennen. Die USA verhängen zunehmend Sanktionen gegen missliebige Staaten. Im Irak haben US-Sanktionen Hunderttausenden Menschen das Leben gekostet. In Kuba trifft die Blockade vor allem die Zivilbevölkerung, was ja auch bezweckt wird. In dem schon erwähnten Memorandum aus dem Jahr 1960 heißt es, das Verbot von Lieferungen und Geldzahlungen solle Kubas »Ökonomie schwächen, zu sinkenden Einkommen führen, Hunger, Elend und Verzweiflung erzeugen und so zum Sturz der Regierung beitragen«. Jedes Kind, das in Kuba stirbt, weil die Regierung wegen der Blockade keine lebensrettenden Medikamente kaufen kann, geht auf das Konto Washingtons.
Können Sie das näher erläutern?
Erst kürzlich schlug die Schweizer Hilfsorganisation »Medicuba Suisse« Alarm, weil sie keine Geldtransfers für die Durchführung von Projekten in Kuba mehr tätigen konnte. Seit dem 1. September führt mit der Bank »Postfinance« nun auch das letzte Geldinstitut der Schweiz keine Überweisungen mehr nach Kuba aus, aus Angst vor den Auswirkungen der Blockade. Bis dahin konnte »Medicuba Suisse« jährlich einen sechsstelligen Franken-Betrag zugunsten des kubanischen Gesundheitssystems überweisen. Das ist nur eines von vielen Beispielen.
Wie ist die extraterritoriale Ausweitung der Blockade, also die Beeinträchtigung von Interessen Dritter, aus Sicht des Völkerrechts zu bewerten?
Schon ein bilaterales Embargo widerspricht internationalen Handelsabkommen, da es die Freiheit des Finanz- und Warenverkehrs beschneidet. Staaten haben zwar das Recht, bei Konflikten durch Sanktionen Druck auf andere Staaten auszuüben, müssen dabei aber immer die Verhältnismäßigkeit wahren. Das ist bei einer Blockade, die sich über den ungeheuren Zeitraum von 60 Jahren erstreckt, nicht der Fall. Völlig unzulässig ist es, die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zu ziehen und einen Regime-Change zu bezwecken. Und schließlich ist auch die extraterritoriale Ausdehnung ein grober Verstoß gegen das Völkerrecht. Allerdings besitzen die Vereinten Nationen kein Instrument, um die USA zur Einhaltung des Völkerrechts zu zwingen.
Gab es denn Ansätze dazu?
Ja. In der Verordnung 2271/96 des Europäischen Rates vom November 1996 heißt es wörtlich über die US-Blockadebestimmungen: »Diese Gesetze, Verordnungen und anderen Rechtsakte verletzen durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht.«
Trotzdem kuscht die EU vor Washington. Wie lässt sich das ändern?
Wir können nicht nur auf die Zeit nach Trump warten, weil die Bevölkerung in Kuba täglich unter den Folgen der Blockade leidet. Ich halte die Kampagne »Unblock Cuba« und die dazugehörigen Aktionen in Deutschland, Österreich, Schweden und der Schweiz für einen guten Ansatz, den Widerstand gegen die völkerrechtsverletzenden US-Gesetze in Europa zu stärken.
Am Mittwoch und Donnerstag behandelt die UN-Vollversammlung in New York den Antrag Kubas, die von den USA seit fast 60 Jahren verhängte Blockade zu verurteilen. Was erwarten Sie von der diesjährigen Abstimmung?
Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die 193 Mitgliedsländer der UN wie jedes Jahr seit 1992 auch in diesem Jahr die US-Blockade nahezu geschlossen verurteilen und ihre Beendigung fordern werden. Ebenso sicher ist aber auch, dass sich die Regierung in Washington weiterhin über das Votum hinwegsetzen wird.
Rechnen Sie mit Überraschungen?
Es könnte sein, dass US-Präsident Donald Trump den Staatschef Brasiliens oder andere durch politischen Druck zu einer Änderung des bisherigen Abstimmungsverhaltens bringt. An der Eindeutigkeit des Votums würde das aber nichts ändern.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel spricht in bezug auf die verschärften US-Sanktionen von einem Wirtschaftskrieg gegen sein Land. Woran lässt sich festmachen?
Die US-Regierung hat im April 1960 als Ziel der Blockade »das Provozieren von Enttäuschung und Entmutigung durch wirtschaftliche Not« vorgegeben. Im Oktober 2019 erklärte der von Trump eingesetzte Sonderbeauftragte für Venezuela, Elliott Abrams, dass die jüngsten Sanktionen darauf abzielten, »Kubas Wirtschaft zu erdrosseln«.
Díaz-Canel spricht zudem von einer völkermörderischen Politik.
Das kann man so benennen. Die USA verhängen zunehmend Sanktionen gegen missliebige Staaten. Im Irak haben US-Sanktionen Hunderttausenden Menschen das Leben gekostet. In Kuba trifft die Blockade vor allem die Zivilbevölkerung, was ja auch bezweckt wird. In dem schon erwähnten Memorandum aus dem Jahr 1960 heißt es, das Verbot von Lieferungen und Geldzahlungen solle Kubas »Ökonomie schwächen, zu sinkenden Einkommen führen, Hunger, Elend und Verzweiflung erzeugen und so zum Sturz der Regierung beitragen«. Jedes Kind, das in Kuba stirbt, weil die Regierung wegen der Blockade keine lebensrettenden Medikamente kaufen kann, geht auf das Konto Washingtons.
Können Sie das näher erläutern?
Erst kürzlich schlug die Schweizer Hilfsorganisation »Medicuba Suisse« Alarm, weil sie keine Geldtransfers für die Durchführung von Projekten in Kuba mehr tätigen konnte. Seit dem 1. September führt mit der Bank »Postfinance« nun auch das letzte Geldinstitut der Schweiz keine Überweisungen mehr nach Kuba aus, aus Angst vor den Auswirkungen der Blockade. Bis dahin konnte »Medicuba Suisse« jährlich einen sechsstelligen Franken-Betrag zugunsten des kubanischen Gesundheitssystems überweisen. Das ist nur eines von vielen Beispielen.
Wie ist die extraterritoriale Ausweitung der Blockade, also die Beeinträchtigung von Interessen Dritter, aus Sicht des Völkerrechts zu bewerten?
Schon ein bilaterales Embargo widerspricht internationalen Handelsabkommen, da es die Freiheit des Finanz- und Warenverkehrs beschneidet. Staaten haben zwar das Recht, bei Konflikten durch Sanktionen Druck auf andere Staaten auszuüben, müssen dabei aber immer die Verhältnismäßigkeit wahren. Das ist bei einer Blockade, die sich über den ungeheuren Zeitraum von 60 Jahren erstreckt, nicht der Fall. Völlig unzulässig ist es, die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zu ziehen und einen Regime-Change zu bezwecken. Und schließlich ist auch die extraterritoriale Ausdehnung ein grober Verstoß gegen das Völkerrecht. Allerdings besitzen die Vereinten Nationen kein Instrument, um die USA zur Einhaltung des Völkerrechts zu zwingen.
Gab es denn Ansätze dazu?
Ja. In der Verordnung 2271/96 des Europäischen Rates vom November 1996 heißt es wörtlich über die US-Blockadebestimmungen: »Diese Gesetze, Verordnungen und anderen Rechtsakte verletzen durch ihre extraterritoriale Anwendung das Völkerrecht.«
Trotzdem kuscht die EU vor Washington. Wie lässt sich das ändern?
Wir können nicht nur auf die Zeit nach Trump warten, weil die Bevölkerung in Kuba täglich unter den Folgen der Blockade leidet. Ich halte die Kampagne »Unblock Cuba« und die dazugehörigen Aktionen in Deutschland, Österreich, Schweden und der Schweiz für einen guten Ansatz, den Widerstand gegen die völkerrechtsverletzenden US-Gesetze in Europa zu stärken.
Erschienen am 6. November 2019 in der Tageszeitung junge Welt
Norman Paech ist emeritierter Professor für Völkerrecht an der Universität Hamburg