Interne Information des US-Außenministeriums: Berichte zu angeblichen akustischen Angriffen auf US-Botschaft in Havanna Teil einer Kampagne
Von Volker Hermsdorf
Ein am Mittwoch vergangener Woche veröffentlichter, bisher geheimgehaltener, interner Bericht des US-Außenministeriums belegt, dass die Regierung Donald Trumps im Jahr 2017 eine weltweite Kampagne mit der Behauptung von »Schallangriffen« auf Washingtons Diplomaten in Havanna inszenierte. Ziel war, die Beziehungen zu Kuba zu verschlechtern. Obwohl es zu diesem Zeitpunkt keinerlei Hinweise auf eine Verantwortung Havannas für die von einigen Botschaftsangehörigen und CIA-Agenten gemeldeten rätselhafte Krankheitssymptome gab, hatte die Trump-Regierung die angeblichen Attacken als Vorwand genommen, um 60 Prozent des US-Personals aus der Botschaft in Havanna abzuziehen und 17 kubanische Diplomaten aus den USA auszuweisen. Zudem wurde das »Havanna-Syndrom« als Rechtfertigung für mehr als 200 neue Sanktionen angeführt, um die US-Blockade des Inselstaates weiter zu verschärfen.
Das bereits 2018 erstellte Geheimdokument, das dem früheren US-Außenminister Michael Pompeo am 7. Juni 2018 zugeleitet worden war, wurde jetzt auf Antrag des National Security Archive, einer Forschungseinrichtung an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt, freigegeben. »Die Ursache der Erkrankungen ist derzeit unbekannt. Wir wissen nicht, welches Motiv hinter den Vorfällen steckt, wann sie begonnen haben und wer sie verursacht hat«, heißt es in dem von einer Abteilung des Außenministeriums, die weltweit Sicherheitsvorfälle in Botschaften des Landes untersucht, angefertigten Bericht. Trotzdem hatten die US-Regierung und zahlreiche Medien Kuba dafür verantwortlich gemacht. So berichtete die Neue Zürcher Zeitung über einen »Angriff aufs Ohr« und der österreichische Standard über »mysteriöse Schallattacken auf Diplomaten«. Das Onlineportal Tagesschau.de spekulierte unter der Überschrift »Krank durch Schallwaffen?« und Bild titelte gar: »Steckt Kubas Stasi hinter rätselhaften Schallattacken?«
Obwohl in dem Bericht noch immer viele Informationen, vor allem über die Erfahrungen der CIA-Agenten in Havanna, geschwärzt sind, werfe er ein »beachtliches Licht« auf die Hintergründe der Vorgänge, erklärte Peter Kornbluh, der das Kuba-Dokumentationsprojekt des Nationalen Sicherheitsarchivs leitet. Die ersten Beschwerden über Krankheitssymptome hatten im Herbst 2017 drei in Havanna stationierte Mitarbeiter des US-Auslandsgeheimdienstes erhoben. Mit welchen Informationen die CIA das State Departement versorgte, sei bis heute jedoch unklar. Hinweise zur Aufklärung der vielen offenen Fragen »werden wahrscheinlich in den noch immer geheimen Aufzeichnungen des Außenministeriums, der CIA, des FBI und des Pentagons zu finden sein«, vermutete der Analyst. Deshalb will das Archiv gegen die umfangreichen Schwärzungen Einspruch erheben, denn – so Kornbluh – »vollständige Transparenz ist erforderlich«.
Johana Tablada, die für die USA zuständige Direktorin im kubanischen Außenministerium, forderte Washington inzwischen auf, die Maßnahmen der Trump-Ära rückgängig zu machen, nachdem das freigegebene Dokument die falschen Behauptungen über einen »Schallangriff« entlarvt hat. Jetzt, wo klar sei, dass die USA selbst nicht glaubten, dass Kuba Diplomaten angegriffen habe, »sollte das US-Konsulat in Havanna nicht geschlossen bleiben, und bilaterale Abkommen sollten nicht länger beeinträchtigt werden«, erklärte Tablada.