Parteitag der KP Kubas: Rückzug der letzten drei »Comandantes«. Castro warnt vor Gefahren für Sozialismus. Von Volker Hermsdorf
Mit dem Ersten Sekretär des Zentralkomitees Raúl Castro (89), seinem Stellvertreter José Ramón Machado Ventura (90) und dem Vizepräsidenten des Staats- und Ministerrats Ramiro Valdés Menéndez (88) haben zum Auftakt des VIII. Parteitags der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) die letzten drei »Comandantes« der von Fidel Castro geführten Rebellenarmee am Wochenende ihren Rückzug aus dem Politbüro der PCC erklärt. Der an der Spitze von Staat und Regierung bereits erfolgte Generationenwechsel wird damit auch in den Leitungsgremien der Partei vollzogen. Er sei sicher, dass die Jüngeren die sozialistische Entwicklung des Landes weiterhin verteidigen und garantieren werden, erklärte Ventura am Freitag in seiner Eröffnungsrede. Dies sei ein Parteitag der Kontinuität, der unter dem Motto »Cuba Socialista Va!« (Sozialistisches Kuba voran) stehe.
Auch Castro gab sich in seinem Rechenschaftsbericht zuversichtlich. Die seit 2006 zunächst rückläufige Trend von Parteieintritten habe gestoppt werden und die PCC mittlerweile jährlich 39.400 neue Mitglieder aufnehmen können, von denen ein Drittel direkt aus dem Kommunistischen Jugendverband (UJC) gekommen seien, berichtete er. Damit verfügt die PCC derzeit über mehr als 700.000 in 58.000 Parteigruppen organisierten Mitglieder. Wegen der Covid-19-Pandemie musste die Zahl der Delegierten im Kongresspalast auf 300 begrenzt werden.
Inhaltlich stünden auf dem Parteitag die Steigerung der wirtschaftlichen Effizienz, Maßnahmen »zum Abbau struktureller Defizite des Wirtschaftsmodells, die keine Anreize für Arbeit und Innovation bieten«, sowie Konzepte zur wirksamen Abwehr subversiver Angriffe im Mittelpunkt, kündigte Castro an. Angesichts der durch die verschärfte US-Blockade verursachten wirtschaftlichen Schäden und Versorgungsmängel solle der private Sektor ausgebaut werden, doch »es gibt Grenzen, die wir nicht überschreiten können, weil das zur Zerstörung des Sozialismus führen würde«, erklärte er.
»Es scheint, dass Egoismus, Gier und der Wunsch nach höheren Einkommen einige Menschen dazu ermutigen, den Beginn eines Privatisierungsprozesses zu wünschen, der die Grundlagen und das Wesen der sozialistischen Gesellschaft, die in mehr als sechs Jahrzehnten aufgebaut wurde, hinwegfegen würde. Auf diesem Weg würden auch das nationale Bildungs- und das öffentliche Gesundheitssystem, die beide kostenlos und allgemein zugänglich für alle Kubaner sind, in kurzer Zeit demontiert werden«, warnte Castro: »Man darf nie vergessen, dass die Kontrolle über die grundlegenden Produktionsmittel die Basis unseres Sozialismus ist.« Zugleich forderte er aber auch: »Wir müssen die schädliche Vorstellung aufgeben, die unter dem Paternalismus entstanden ist, dass Kuba das einzige Land ist, in dem man leben kann, ohne zu arbeiten. Der Lebensstandard der Kubaner sollte durch das Einkommen geprägt sein, das sie durch Arbeit erhalten, und nicht durch Subventionen und unzulässige Zuwendungen.«
Breiten Raum widmete der scheidende Parteichef dem Hinweis, dass subversive Aktivitäten »gegen die Nation verdoppelt wurden, um unser Entwicklungsmodell zu demontieren und die kapitalistische Restauration als einzige Alternative zu propagieren«. Castro betonte, »dass sie nicht aufgehört haben, Medien aus dem Ausland zu finanzieren, um ideologische Inhalte zu generieren, offen zum Umsturz und zu Unruhen sowie zu Gewalttaten aufzurufen«. Angesichts der mit Millionen US-Dollar geförderten Aktivitäten warnte Castro vor »Naivität«. »Lügen und ›Fake News‹ stellen Kuba als eine sterbende Gesellschaft dar, die keine Lösung hat, um den sozialen Aufstieg zu fördern«. Trotzdem sei Kuba bereit, einen »respektvollen Dialog und eine neue Art von Beziehungen mit den USA zu entwickeln, wofür die Aufhebung der Blockade« jedoch eine Voraussetzung sei.
Im weiteren Verlauf berieten die Delegierten über die Vorschläge zur Aktualisierung des Wirtschaftsmodells, über die Wirtschafts- und Sozialpolitik für die kommenden fünf Jahre sowie über die aktuellen Aufgaben der Partei in bezug auf die Entwicklung des politischen und ideologischen Lebens der Gesellschaft.
Am Sonntag abend sollte das neue Zentralkomitee gewählt werden.
Quelle: jW-Artikel vom 19.04.2021