Anti-Kuba-Kampagne erreicht BRD. Antikommunisten demonstrieren vor Botschaft in Berlin. Anhänger der Revolution halten dagegen. Von Annuschka Eckhardt
Es ist laut vor der kubanischen Botschaft in Berlin. Am Mittwoch mittag dröhnt Musik aus zwei Lautsprechern, dazu hört man schrilles Geschrei. Etwa 120 Anhänger der kubanischen Revolution stehen dort 50 Antikommunisten gegenüber. Polizeiabsperrungen trennen die beiden Lager, auf beiden Seiten wehen kubanische Flaggen. Die einen unterstützen die sozialistische Regierung in Kuba, die anderen wollen sie stürzen.
Als der erste Redebeitrag beginnt und die über 60 Jahre andauernde imperialistische Aggression gegengegen Kuba anprangert, brüllt eine Frau auf der gegenüberliegenden Seite: »Kommunisten sind Mörder«. Sie hat mit roter Farbe »Patria« (zu deutsch: Heimat, Vaterland) auf ihr weißes T-Shirt geschrieben. Andere stimmen mit ein. Beliebter Stil bei den Antikommunistinnen sind blond gefärbte Haare unter Baseballkappen mit aufgedruckter Kuba-Flagge. Die Leiterin der Contras in Berlin, Ares Marrero, erwähnt gegenüber jW, sie und die anderen Mitglieder der Organisation mit dem klingenden Namen Berlin Opus Cuba seien »der Intellekt des kubanischen Volkes«, und die Revolution habe die »kubanische Kultur massakriert«.
Die linken Kräfte halten lautstark dagegen. »Es lebe das sozialistische Kuba!«, rufen sie. Justo Cruz, Koordinator des Netzwerks Cuba Sí, sagt gegenüber junge Welt: »Gerade jetzt, wo unser Land unter der Medienkampagne leidet, erheben wir unsere Stimme.« Auf subtile Weise versuchten die USA, eine Art »arabischen Frühling« in Kuba zu provozieren. Er und seine Genossen wollten Kuba solidarisch unterstützen und eine scheinhumanitäre Intervention der NATO und der USA gegen den Inselstaat verhindern.
Am Dienstag hatte der halbkubanische republikanische Bürgermeister von Miami, Francis Suarez, gegenüber Fox News gefordert, dass die USA über Luftangriffe gegen Kuba nachdenken sollten. Suarez sagte, es solle »jetzt in Erwägung gezogen werden, eine Koalition möglicher Militäraktionen in Kuba« zu initiieren, ähnlich den US-Interventionen in Panama und Jugoslawien.
Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzung sind die Unruhen vom 11. Juli. Die kubanische Regierung hat die US-Regierung für ihre Komplizenschaft angeklagt. Sie habe gekaufte Systemkritiker und soziale Medien eingesetzt, um ein verzerrtes Bild von Volksmobilisierung zu schaffen. Konservative Medien weltweit zeigen seit Tagen Bilder von angeblich regierungskritischen Protesten in Kuba und versuchen, die sozialistische Regierung dadurch zu verunglimpfen. Statt von der menschenfeindlichen Blockade ätzen sie von kubanischer »Misswirtschaft«. Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez entgegnete dem am Mittwoch via Twitter: »Es geht heute um das Recht eines unabhängigen, souveränen Staates, einer Nation, eines Volkes, sein Selbstbestimmungsrecht auszuüben, seine Menschenrechte ohne ausländische Einmischung, ohne Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zu genießen.«
Antikubanische Demonstrationen gibt es nicht nur in Berlin. In Madrid versammelten sich am Dienstag Regierungsgegner vor der kubanischen Botschaft, um ihre »Solidarität mit den Antiregierungsprotesten« auf der Insel zu zeigen. Claudia Gerathewohl, Aktivistin bei Cuba Sí, sagte zu jW, sie vermute, die Contras verfügten über »Geldquellen aus dem US-Imperialismus«. Wer um dessen Verbrechen in den vergangenen Jahrzehnten weiß, kann sich ihr nur anschließen.