Konterrevolutionäre Allianz verabschiedet in EU-Parlament Resolution gegen Kuba. Ziel: Torpedierung der Beziehungen zu Havanna. Von Volker Hermsdorf
Während Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel am Donnerstag (Ortszeit) in Mexiko als Ehrengast der Feiern zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialherrschaft begrüßt wurde, attackierten rechte Abgeordnete im EU-Parlament die Souveränität der sozialistischen Inselrepublik. Die Vertreter europäischer Rechtsparteien hatten mehrere Anträge eingebracht, in denen unter anderem Sanktionen »gegen die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen« gefordert wurden. Eine endgültige Entschließung, die »Gewalt und Repression nach den Protesten vom 11. Juli« und das »Verbot der Internetnutzung« verurteilt, wurde schließlich mit 426 Jastimmen bei 146 Gegenstimmen und 115 Enthaltungen angenommen.
»Sie erzählen uns eine fiktive Geschichte, in der Sie eine brutale Repression gegen friedliche Demonstranten anprangern. Sie sprechen von willkürlichen Verhaftungen, Verschwindenlassen, Folter und ich weiß nicht wie vielen anderen Dingen. Sie scheinen von Kolumbien, Guatemala und Honduras zu sprechen«, hielt der spanische Abgeordnete im EU-Parlament, Manuel Pineda, (Vereinte Linke – Unidas Podemos) den rechten Wortführern in der Debatte entgegen. Während Putschisten wie Jeanine Áñez in Bolivien gelobt würden, werden Venezuela und Kuba verfolgt, erklärte Pineda. Obwohl die extreme Rechte nicht über eine zahlenmäßige Mehrheit verfüge, habe sie in bezug auf Lateinamerika die außenpolitische Vorherrschaft in der EU erlangt.
Die staatliche US-Propagandaplattform Martí Noticias wertete den Vorgang dagegen als »historische Abstimmung«, da die Initiative der Rechtsparteien auch von Sozialdemokraten mitgetragen wurde. »Ein Konterrevolutionär zu sein, muss ein Recht sein«, zitierte das von der US-Regierung jährlich mit rund 30 Millionen US-Dollar finanzierte Onlineportal den sozialdemokratischen Abgeordneten Ignacio Sánchez Amor vom spanischen PSOE. Mit Rechtskonservativen, Liberalen und Sozialdemokraten hätten sich »die drei wichtigsten ideologischen Strömungen im Europäischen Parlament« in der Debatte »für die Freiheit in Kuba« zusammengefunden, unterstrich Martí Noticias.
Kubanische Medien kritisierten den Schulterschluss. »Mit dieser Einmischung hat sich das Europäische Parlament der politischen, wirtschaftlichen und kommunikativen Aggression der US-Regierung gegen Kuba angeschlossen und zum Erfüllungsgehilfen des multidimensionalen Krieges gemacht, der gegen die Insel geführt wird«, kommentierte die KP-Zeitung Granma. Das Abstimmungsergebnis entspreche »nicht dem von beiden Parteien zum Ausdruck gebrachten Willen, das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit zwischen Kuba und der Europäischen Union zu erhalten und zu stärken, das auf den Grundsätzen der Nichteinmischung, des Völkerrechts und der UN-Charta beruht«.
Erst am Mittwoch vergangener Woche hatte die neue EU-Botschafterin in Havanna, Isabel Brilhante Pedrosa, die »Bedeutung der Beziehungen im Rahmen des bilateralen Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit« hervorgehoben. Bei Übergabe ihres Beglaubigungsschreibens habe Brilhante Pedrosa dafür plädiert, »das Potential dieses Abkommens zu stärken«, heißt es auf der Website der EU-Delegation in Kuba. Die portugiesische Diplomatin ist Nachfolgerin von Alberto Navarro, der den Posten nach einer Kampagne rechter EU-Parlamentarier aufgegeben hatte. Die Verfasser der aktuellen Anti-Kuba-Resolution hatten ihm Unterstützung für einen Aufruf gegen die US-Blockade und seine Weigerung, Kuba als Diktatur zu bezeichnen, vorgeworfen.
Quelle: Tageszeitung junge Welt vom 18.9.2021