Mit einer Stellungnahme hat sich der Vorstand des Netzwerks Kuba e. V. zum Beschluss des Parteivorstandes (PV) von Die Linke vom 23. Januar mit dem Titel »Solidarität mit Kuba« und zur ND-Kolumne vom 2. Februar positioniert, jW dokumentiert diese:
»(Es) ist und bleibt die revolutionärste Tat, immer das laut zu sagen, was ist.« (Rosa Luxemburg, 1914)
Der Beschluss des PV der Partei Die Linke »Solidarität mit Kuba« beinhaltet dem Titel entsprechend vier wesentliche und positive Punkte zur Unterstützung von Kuba, die im parlamentarischen Parteiensystem der BRD sowie der politischen Öffentlichkeit sehr bedeutsam und unabdingbar sind. Dazu gehören die vehemente Verurteilung der Verschärfung der US-Sanktionen gegen Kuba; die Aufforderung an Bundesregierung und die EU, entschieden dagegen Stellung zu beziehen und Gegenmaßnahmen einzuleiten; und auch die Verurteilung der Versuche, die Regierung Kubas durch Regime-Change-Aktivitäten aus dem Ausland zu stürzen. In einem weiteren, sehr allgemein gehaltenen Punkt wird dies konterkariert, weil darin die kubanische Regierung zu Menschenrechten angehalten, zu Demokratisierung aufgefordert, und »Solidarität mit Kubas demokratischen Menschenrechtsaktivist*innen« propagiert wird.
Hierzu ist klarzustellen: (1) Die Menschenrechte in ihrer Gesamtheit werden in Kuba im Vergleich zu zahlreichen anderen Staaten, zumal in der Region inklusive der USA, in umfassender und bestmöglicher Weise verwirklicht; (2) Kuba gehört in der ganzen amerikanischen Region zu den Staaten mit ausgereiften, friedlichen und lebendigen demokratischen Strukturen und Verfahren (siehe beispielhaft »Kuba and Its Neighbours: Democracy in Motion« vom kanadischen Politikwissenschaftler Arnold August); hier sei zudem an die umfassende öffentliche Debatte für die neue Verfassung von 2019 erinnert (!); (3) werden basisdemokratische und konkrete Dialoge vor Ort praktiziert, so auch mit den »kritischen Künstlern«, die nicht zuletzt wegen der Pandemiefolgen unzufrieden sind; (4) nicht zuletzt kümmert sich Kuba weltweit um Menschenrechte, wie der Einsatz seiner Alphabetisierungsprogramme und der seines Gesundheitspersonals in anderen Ländern, insbesondere bei Naturkatastrophen und Epidemien, zeigt.
Dem Punkt 5 des PV-Beschlusses liegen demnach eindeutig falsche und völlig unzutreffende Vorstellungen und Klischees – um nicht zu sagen »Feindbilder« – zugrunde. Dies könnte als Versehen oder Unachtsamkeit interpretiert werden, doch insgesamt offenbaren zwei Dokumente aus dem Kontext eine unverschämte Manipulation und Instrumentalisierung. Zum einen wird aus dem ursprünglich von der Gruppierung »Emanzipatorische Linke – EmaLi« eingebrachten Antrag mit dem Titel »Solidarität mit Kubas demokratischen Menschenrechtsaktivist*innen« deutlich, dass sie ausschließlich das Narrativ der Kuba-Gegner reproduziert, sich zur Stimme der Systemfeinde und »Regimegegner«, insbesondere der US-Regierung und US-Geheimdienste, macht. Zum zweiten wird von einem der Urheber des EmaLi-Antrages in einer Kolumne im ND dieser bejahende Bezug auf die von den USA unterstützten Provokateure und Aufwiegler nochmals hervorgehoben und als mutige und gute Tat dargestellt – ohne die Substanz des PV-Beschlusses insgesamt fair wiederzugeben.
Die vermeintlichen Menschenrechtler:innen von EmaLi – wie auch Ihre Unterstützer:innen – müssen deshalb erklären, weshalb sie nicht reale Solidarität mit den elf Millionen Kubaner:innen praktizieren, sondern mit einer US-finanzierten Horde von Söldnern; weshalb sie sich nicht nachdrücklich für eine freie, selbstbestimmte Entwicklung Kubas gegen den US-Imperialismus einsetzen! Weshalb also klagen sie nicht die vielfältigen und unsägliche Opfer kostenden Menschenrechtsverletzungen an, die durch die Blockade in Kuba verursacht werden – in ihren »extraterritorialen« Effekten sogar hier im Lande und bei unseren Solidaritätsgruppen sowie Banken und Unternehmen? Und zählen die 86 Prozent der kubanischen Bevölkerung, die der neuen Verfassung zugestimmt haben, weniger als die kleine Horde US-unterstützter Aufwiegler?
Dass sich hier der Vorstand der Partei Die Linke der eigentlich rechtspopulistischen Instrumente der Fake News und »alternativen Wahrheit« bedient, zumal in derart schwierigen Zeiten und politischem Umfeld (Nationalismus, Rassismus etc.), ist auch nicht hinnehmbar. Dass dies dann von einem EmaLi-Autor in nahezu »Trumpschem Triumphalismus« als »guter Tabubruch« gefeiert wird, ist schockierend und monströs. In der ND-Kolumne bezieht er sich – in deutlicher Fehlinterpretation und Manipulation – ausgerechnet auf die San-Isidro-Gruppe in Havanna, deren Protagonisten nachweislich (!) von den USA direkt und indirekt unterstützt werden, so auch (und entgegen diplomatischen Gepflogenheiten) vom derzeitigen US-Geschäftsträger in Havanna. Mehrere von ihnen sind bekennende »Trump-Fans« und wünschen sich von den USA eine militärische Intervention in Kuba! All das ist in Texten und Bildern dokumentiert. Im Stile der FAZ wird hier aus der Linken heraus gegen Kuba geschrieben, fast ausschließlich und einseitig Bezug nehmend auf »Dissidenten« und Systemgegner, nicht mit einem Wort die Sichtweise der staatlichen Seite oder anderer Expert:innen einbeziehend. Entweder haben die Autor:innen des ursprünglich von der EmaLi-Gruppe vorgelegten Antragstextes so gut wie keine Ahnung von Kuba, kein Wissen, kein Bewusstsein dazu, außer den Klischees der bürgerlichen und Konzernpresse. Oder aber sie haben diese Hetze wissentlich formuliert und die zu erwartende Aufmerksamkeit der herrschenden Medien einkalkuliert und damit die Subversion und Aggression gegen Kuba ausgerechnet aus dem Karl-Liebknecht-Haus (!) heraus flankiert! Bei der sich verbreitenden Häme in vielen Medien wird deutlich, dass die bürgerlichen und Konzernmedien mit denselben Negativklischees und Taktiken wie gegen Kuba doch auch gegen Sozialist:innen und Kommunist:innen bei uns agieren! Unsäglich auch der Dank und Jubel der US-finanzierten Contramedien, die das sofort in Kuba verbreitet haben.
Was die EmaLi-Gruppe hier also ablieferte, fast im Sinne eines Trojanischen Pferdes mit heftiger externer interventionistischer Unterstützung, inklusive der Redaktion des ND, ist einer rechtspopulistischen Gruppierung würdig, aber nicht einer linken, »sozialistischen« und solidarischen Partei. Die EmaLi-Texte enthalten typische Hetzparolen, wie sie seit sechs Jahrzehnten von bisherigen US-Regierungen und exilkubanischen Systemgegnern und Terrorgruppen in Florida verlautbart und von »Freunden der USA« auch in unserem Lande nachgeplappert werden. Das sozialistische Kuba soll damit »sturmreif« geschrieben, eine reale gesellschaftliche Alternative blockiert und zerstört werden. Dass eine solche imperialistische Aussage, mit der Völkerrecht und Souveränität von Kuba verletzt werden, in einem Beschlusspapier des PV der Linken erscheint, ist ein Skandal.
Dieser Fehler muss dringend wiedergutgemacht werden. Daher fordern wir ebenso wie die zahlreichen Leserbriefe und Protestschreiben aus dem ganzen Land, dass in bezug auf die kubafeindliche Aussage in Punkt fünf des PV-Beschlusses und ihren imperialen Gestus eine Erklärung des PV veröffentlicht wird, in welcher der lügenhaften, manipulativen Uminterpretation des PV-Beschlusses in der ND-Kolumne deutlich und klar widersprochen wird!
Der Vorstand des Netzwerks Cuba in Deutschland schlägt außerdem einen wirklichen »Tabubruch« vor, einen wirklich guten und fortschrittlichen, einen solidarischen und internationalisierten Tabubruch noch in diesem Jahr: Die US-Blockade der USA gegen Kuba mit ihren weltweiten Auswirkungen – auch in die BRD hinein – muss in allen relevanten Gremien und an allen Orten, national und international, zu allen passenden Gelegenheiten skandalisiert und angeprangert werden und mit angemessenen und effektiven Mitteln – wie auch im PV-Beschluss gefordert – beendet werden. Wir als Netzwerk Cuba werden dafür weiterhin unseren bestmöglichen Beitrag leisten.