Washington entsendet Atom-U-Boot in besetzte kubanische Bucht. Havanna schickt Protestnote und warnt vor Gefahren für Region. Von Volker Hermsdorf
Mit einer scharfen Erklärung hat Havanna dagegen protestiert, dass das Pentagon ein Atom-U-Boot der US-Kriegsmarine drei Tage lang in der Bucht von Guantánamo stationiert hatte. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez warf den USA am Dienstag (Ortszeit) eine »provokative Eskalation« der Spannungen zwischen beiden Ländern vor. Die Anwesenheit des U-Boots »zu diesem Zeitpunkt wirft die Frage auf, was der militärische Zweck« der Provokation sei, »gegen welches Ziel sie gerichtet ist und welche strategische Absicht damit verfolgt wird«, heißt es in der Protestnote.
Wie das State Department in Washington am selben Tag gegenüber der Presse bestätigte, war am 5. Juli ein US-amerikanisches U-Boot in die Bucht von Guantánamo eingelaufen und hielt sich bis zum 8. Juli auf dem dortigen Militärstützpunkt auf. Allerdings gab Außenamtssprecher Matthew Miller keine Informationen darüber, ob und wie das U-Boot bewaffnet war. Miller zitierte eine Erklärung des Verteidigungsministeriums, wonach das US-Militär »weiterhin fährt und fliegt, wohin es nach internationalem Recht zulässig ist«. Millers Erklärung war auch eine Replik auf den Vorwurf Havannas, die »mehr als 70 Militärstützpunkte und andere Formen der militärischen Präsenz« der USA in der Region seien eine »Bedrohung für die Souveränität und die Interessen der Völker Lateinamerikas und der Karibik«.
Als Beleg für die Ziele der USA verwies das kubanische Außenministerium darauf, dass »ihre hochrangigen Militärkommandeure in jüngster Zeit öffentlich die Absicht geäußert haben, ihre militärische Macht einzusetzen, um die Ambitionen der USA auf die natürlichen Ressourcen Lateinamerikas und der Karibik zu sichern«. Zugleich bekräftigte das Ministerium seine Ablehnung der US-Militärpräsenz in Kuba und seine Forderung nach »Rückgabe des illegal besetzten Gebiets in der Provinz Guantánamo« und warnte vor der Gefahr, die von der Präsenz und den Bewegungen eines Atom-U-Bootes der US-Streitkräfte in der Karibikregion ausgehe. Die USA halten die 920 Kilometer südöstlich von Havanna gelegene 117 Quadratkilometer große Militärbasis seit 1903 besetzt. Dies diene heute »lediglich dem politischen Ziel, Kubas souveräne Rechte zu verletzen. Ihr praktischer Nutzen hat sich darauf reduziert, als Zentrum für die Inhaftierung, Folterung und systematische Verletzung der Menschenrechte von Dutzenden Bürgern aus verschiedenen Ländern zu dienen«, erklärte Havanna.
Im US-Verteidigungsministerium hatte es am Montag geheißen, dass das U-Boot auf dem Weg zu einem Manöver vor der Küste Kolumbiens war und Guantánamo aus rein logistischen Gründen angesteuert habe. Eine Erklärung von US-Außenminister Antony Blinken vom Dienstag legt allerdings einen Zusammenhang mit dem Beginn antikubanischer Proteste auf der Karibikinsel am 11. Juli vor zwei Jahren nahe. Außerdem spekulieren westliche Medien darüber, dass die Entsendung des U-Boots eine Reaktion auf den Ausbau der Beziehungen Kubas zu China und Russland sein könne. »Im Juni war bekanntgeworden, dass China eine Abhörstation auf der Karibikinsel finanzieren will, mit der vor allem die USA ausspioniert werden können«, wiederholte Spiegel online am Mittwoch eine von US-Medien verbreitete Meldung, ohne allerdings zu erwähnen, dass sowohl Havanna als auch Beijing die Berichte mehrfach dementiert hatten. Trotzdem forderten der republikanische Kongressabgeordnete Matthew Gaetz aus Florida und andere Politiker Ende Juni im Streitkräfteausschuss des Repräsentantenhauses von der US-Regierung den »Einsatz militärischer Gewalt, um chinesische Anlagen in Kuba zu zerstören«.
Ein weiterer Beweggrund des Pentagons könnte die seit längerem angekündigte Visite des russischen Marineschulschiffes »RFS Perekop« sein, das am Dienstag mit einer Besatzung von Hunderten von Kadetten für einen viertägigen Aufenthalt in den Hafen von Havanna eingelaufen war. Dies demonstriere die »engen Beziehungen zwischen der Inselrepublik und Moskau« und die »neue Annäherung zwischen unseren Streitkräften«, so die russische Agentur Sputnik über den Freundschaftsbesuch, der von US-Militärs mit Argwohn verfolgt wird.